Fast alle jungen Menschen schauen optimistisch in die eigene berufliche Zukunft, wie eine aktuelle Umfrage zeigt. Dabei gibt es auf dem Ausbildungsmarkt nach wie vor ein großes Problem: Allzu oft finden Bewerber*innen und Betriebe nicht zusammen. Digitale Unterstützung in der Berufsorientierung bietet Hilfe.
20.12.2023, Autor: Andrej Priboschek
Foto: Shutterstock / Agentur für Bildungsjournalismus
Die große Mehrheit der 14- bis 21-Jährigen in Deutschland blickt ihrer beruflichen Zukunft nach eigenem Bekunden „positiv“ oder „eher positiv“ entgegen (insgesamt 88 Prozent). Das geht aus einer aktuellen und repräsentativen Forsa-Befragung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung sowie der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung hervor. Das ist die gute Nachricht.
Die schlechte: Nur knapp ein Drittel der Befragten (insgesamt 31 Prozent) vertritt die Ansicht, dass es der Schule „gut“ oder „sehr gut“ gelingt, Jugendlichen die relevanten Kenntnisse und Fähigkeiten für eine berufliche Zukunft zu vermitteln. Insgesamt 67 Prozent der Befragten geben an, dass dies „weniger gut“ oder sogar „gar nicht“ gelingt.
Allen befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurden Vorschläge vorgelegt, die beim Wechsel von der Schule in eine berufliche Ausbildung oder ein Studium unterstützen können. Eine deutliche Mehrheit von 90 Prozent hält es für (sehr) wichtig, Schulen zu beruflichen Orientierungsangeboten wie zum Beispiel Informationen, Beratung oder Praktika zu verpflichten. Offensichtlich fehlt vielen Schülerinnen und Schülern der Überblick über ihre Möglichkeiten. Kein Wunder – angesichts der Vielfalt der Angebote: Es gibt in Deutschland über 450 anerkannte Ausbildungsberufe.
Berufswünsche der Jugendlichen
Viele davon bleiben weitgehend unbeachtet. Berufswünsche sind laut Bundesagentur für Arbeit offensichtlich sehr häufig von der täglichen Erfahrungswelt der Jugendlichen geprägt (wie Kfz-Mechatroniker/-in, Kauffrau oder Kaufmann im Einzelhandel, Verkäufer/-in, Medizinische/-r Fachangestellte/-r oder Friseur/-in). Auch Geschlechter-Stereotype spielen nach wie vor eine große Rolle. Während sich viele Schüler für technische Berufe interessieren, streben Schülerinnen häufig kaufmännische Berufe oder Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen an. Das Problem: Die Nachfragen konzentrieren sich allzu oft auf einige wenige Angebote.
Und das hat Folgen. „Nach wie vor bricht ein nicht unerheblicher Anteil die Ausbildung oder das Studium ab, weil die Selbsteinschätzung nicht gelingt oder Informationen fehlen. Manche Jugendliche finden erst gar keine passende Ausbildungsstelle. Mit diesem Mismatch müssen sich viele Unternehmen in Deutschland (…) auseinandersetzen: Die Stellen sind verfügbar, aber sie bleiben unbesetzt, weil passende Bewerberinnen und Bewerber fehlen. Gerade angesichts des sich verschärfenden Arbeits- und Fachkräftemangels können wir uns diesen Zustand als Wirtschaftsstandort nicht leisten“, so heißt es in einem Gutachten, das der Aktionsrat Bildung – ein Gremium von renommierten Bildungsforscherinnen und -forschern – unlängst zur Berufsorientierung vorgelegt hat.
Umfassend informiert
Ihre Forderungen: „Es müssen deutliche Anstrengungen unternommen werden, den jungen Heranwachsenden und ihren Eltern ein Überblickswissen über aktuelle berufliche Situationen zu vermitteln.“ Kinder und Jugendliche müssten umfassend über die Breite und Vielfalt der Berufswahlmöglichkeiten informiert werden. „Dazu müssen entsprechende fachbezogene und fächerübergreifende Unterrichtsinhalte in die Curricula aufgenommen beziehungsweise deutlich gestärkt werden. Genderstereotypen, die bei der Berufswahl immer noch eine große Rolle spielen, muss aktiv entgegengetreten werden“, so heißt es in der Untersuchung.
Angeregt wird dafür auch eine „Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Schulen und externen Beratungsangeboten“. Hier setzt Fujour an, eine für Schülerinnen und Schüler kosten- und werbefreie App, die konkrete, sehr fein ausdifferenzierte Empfehlungen für die Ausbildungs- und Berufswahl sowie ein interessenbasiertes Matching mit vorhandenen Praktikums- und Ausbildungsplätzen ermöglicht – und deshalb hervorragend zur Unterstützung der Schulen eingesetzt werden kann. „Für Lehrkräfte ist es schwierig, mit den aktuellen Entwicklungen Schritt zu halten und die Schüler:innen bestmöglich zu informieren und zu beraten“, sagt Geert-Jan Gorter, IT-Direktor von Fujour.
Trauriger Rekord
Wie gravierend das Problem der unzureichenden Berufsorientierung ist, zeigt auch die aktuelle Bilanz des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zum Ausbildungsmarkt 2023. Zwar zeigt sich dieser leicht erholt von den starken Einbußen, die es mit Beginn der Coronapandemie zu verzeichnen gab. Aber: „Die Schwierigkeiten nahmen weiter zu, das Ausbildungsangebot der Betriebe und die Nachfrage der Jugendlichen zusammenzuführen. Sowohl der Anteil der unbesetzten Ausbildungsstellen als auch der Anteil der erfolglos suchenden Ausbildungsplatznachfrager/-innen ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Bundesweit blieben 2023 rund 73.400 Ausbildungsstellen unbesetzt. Das sind 13,4 Prozent des gesamten betrieblichen Angebots – ein neuer Höchstwert“, so stellt das BIBB ernüchtert fest.
Und weiter: „63.700 junge Menschen hatten zum Stichtag 30. September noch keinen Ausbildungsplatz gefunden – 11,5 Prozent der Jugendlichen blieben damit bei ihrer Suche nach einem Ausbildungsplatz erfolglos.“ BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser spricht von „Passungsproblemen, die zielführende Maßnahmen erfordern“ – unter anderem eine die Jugendlichen erreichende Berufsorientierung.
Genügend Optimismus scheint es unter den jungen Menschen zu geben. Insgesamt glauben laut Forsa-Befragung über zwei Drittel (69 %) der Jugendlichen und jungen an eine gute Zukunft für sich selbst: Knapp ein Viertel (23 %) ist derzeit „voll und ganz“ und 46 Prozent sind „eher“ überzeugt, dass sie eine gute Zukunft erwartet. Andersherum glauben nur 7 Prozent „eher nicht“ oder „überhaupt nicht“ an eine gute Zukunft für sich.