News zum Thema Berufsorientierung

Duales Studium: Qualitätsreport offenbart Verbesserungspotenzial

20.11.2023, Autor: Sonja Mankowsky

Duales Studium mit praktischer Arbeit in einem Unternehmen Duales Studium mit praktischer Arbeit in einem Unternehmen

 

Wer einen hohen Praxisanteil im Hochschulstudium und zugleich eine sichere Finanzierung anstrebt, wählt häufig ein sogenanntes „duales Studium“. Rund 120.000 junge Menschen studieren derzeit in über 1.700 dualen Bachelorstudiengängen, die Hochschulen in Kooperation mit Unternehmen anbieten. Was sich genau dahinter verbirgt, kann jedoch recht unterschiedlich sein. Angefangen von der Vergütung über die Dauer bis hin zur Ausbildungsqualität. Das legt ein aktueller Report des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) nahe.

Während nach wie vor viele Studiengängen mit relativ geringem Praxisbezug eher auf eine akademische Karriere denn die reale Arbeitswelt vorbereiten, soll es beim dualen Studium genau darum gehen: Junge Leute fit machen für den Job nach dem Studium. Theorie und Praxis sollen sich bestmöglich ergänzen. Dieser Aspekt, so eine Analyse der Hans Böckler Stiftung aus dem Jahr 2018, ist neben dem monatlichen Gehalt, das die Studierenden durch ihre parallele Tätigkeit in einem Partnerunternehmen erhalten, der größte Anreiz für die Wahl dieser Studienform. Auch die Aussicht auf eine Übernahme im Anschluss an das Studium ist verlockend. Kein Wunder also, wenn das duale Studium immer beliebter wird.

Vielfältige Studienmodelle

Der Datenbank des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) „AusbildungPlus“ war im Februar 2022 im Vergleich zu 2019 ein Zuwachs bei den dualen Studiengängen von 5,2 Prozent, bei den Studierenden um 10,9 Prozent zu entnehmen. Seit längerem bereits lässt sich außerdem der Trend hin zu praxisintegrierenden Studiengängen feststellen. Etwa 52 Prozent der dualen Studiengänge streben damit keinen formalen Berufsabschluss parallel zum Hochschulabschluss (in der Regel den Bachelorabschluss) an. Vielmehr sind hier Praxisanteile, die in einem oder mehreren Unternehmen absolviert werden, fester Bestandteil des Studiums. Das können beispielsweise Praktikumsphasen sein, in denen das theoretische Wissen zur praktischen Anwendung kommt.

Das ausbildungsintegrierende Studium – manchmal auch Verbundstudium genannt – hingegen bietet den Studierenden einen Doppelabschluss: Sie machen gleichzeitig eine Ausbildung in einem Betrieb und studieren an einer Hochschule beziehungsweise Fachhochschule oder Hochschule für angewandte Wissenschaften, manchmal auch an einer Berufsakademie. Etwa 32 Prozent der dualen Studiengänge ermöglichen dies. Daneben gibt es auch knapp 15 Prozent Mischformen, die sich nicht eindeutig als ausbildungs- oder praxisorientierend identifizieren lassen.

Duale Studiengänge sind also keineswegs einheitlich strukturiert. Nicht nur die Abschlüsse können unterschiedlich sein. Auch die zeitliche Aufteilung von Theorie und Praxis kann von Hochschule zu Hochschule anders aussehen: Mal sind die Praxisanteile als Blöcke organisiert, mal finden sie parallel zum Studium an zwei bis drei Wochentagen statt. Die Dauer des Studiums ist ebenfalls mit drei bis fünf Jahren keineswegs einheitlich, ebenso wenig wie das Gehalt, dass die Studierenden für ihre Arbeit im Betrieb erhalten.  

Klare Gesetzgebung nötig

Das liegt unter anderem daran, dass es für das duale Studium keine klare Gesetzgebung und Rahmenbedingungen gibt. Gelten dual Studierende in ausbildungsintegrierenden Studiengängen aus arbeitsrechtlicher Sicht bis zum Abschluss ihrer dualen Berufsausbildung als Auszubildende, so sind Teilnehmer eines praxisintegrierenden Studiengangs als Beschäftigte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes anzusehen (s. Infos zum dualen Studium der IG-Metall). Für sie gilt, anders als für Azubis, der Schutz des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) nicht – und das scheint Auswirkungen auf die Studienqualität zu haben.

Der Ende September 2023 erschienene „Qualitätsreport Duales Studium 2023“ macht dies deutlich: Etwa 75 Prozent der befragten dual Studierenden kritisierten demnach die mangelnde Verzahnung von Theorie und Praxis in ihren Studiengängen. Für den Report hatte das Institut für Arbeit und Qualifikation der Uni Essen-Duisburg im Auftrag des DGB zwischen Mai und August 2022 insgesamt 3.516 dual Studierende aus dem gesamten Bundesgebiet befragt.

„Wer qualifizierte Fachkräfte will, muss gute Ausbildungsbedingungen bieten – das gilt auch für das duale Studium“, macht die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack deutlich. Die Hochschulen und Betriebe müssten deutlich mehr tun, um die Lerninhalte aufeinander abzustimmen und ihre Pflicht zur Qualitätssicherung ernst nehmen, so Hannack weiter. 

Auch finanzielle Ungleichheit wurde kritisiert. Eine Orientierung an den tariflichen Vergütungsregelungen für Auszubildende in den jeweiligen Tarifbereichen ist nicht gesetzlich festgeschrieben. „Dual Studierende sind viel zu oft vom guten Willen ihres Arbeitgebers abhängig und haben nicht die gleichen Rechte wie die Auszubildenden einer klassischen Berufsausbildung“, erklärt DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker.

 

Infos zum Nachlesen:

„Qualitätsreport Duales Studium 2023“ des DGB

Trends im berufbegleitenden und dualen Studium: Vergleichende Analysen zur Lernsituation von Studierenden und Studiengangsgestaltung, Hans Böckler Stiftung 2018

IAB Kurzbericht „Kinder von Eltern ohne Hochschulabschluss nehmen eher ein duales Studium auf“, Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, 2023

AusbildungPlus: Duales Studium in Zahlen 2022, Trends und Analysen, Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB)

 

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